Sechs Feuerwehren haben den Ernstfall eines entlegenen Waldbrandes geprobt. Unter real schwierigen Bedingungen.

Wasser marsch! 45 Minuten nach Beginn des Schlauchverlegens erreicht Löschwasser mit zehn bar Druck die Moselwiese – ideal. Das Szenario ist keine reine Fiktion. In Friedewald hat es zwischen 2007 und 2011 mehr als 80-mal gebrannt. Das Löschen in einem Areal wie diesem stellt aus mehreren Gründen eine Herausforderung dar. Foto: Norbert Millauer
Wasser marsch! 45 Minuten nach Beginn des Schlauchverlegens erreicht Löschwasser mit zehn bar Druck die Moselwiese – ideal. Das Szenario ist keine reine Fiktion. In Friedewald hat es zwischen 2007 und 2011 mehr als 80-mal gebrannt. Das Löschen in einem Areal wie diesem stellt aus mehreren Gründen eine Herausforderung dar. Foto: Norbert Millauer

Die Zeit läuft ab Spitzgrundteich. Von den fahrenden Feuerwehrwagen entrollen blau Uniformierte die dicken Löschschläuche. Wie reglose Anacondas bleiben diese an der Spitzgrundstraße liegen. Bis sie rechts den erstmöglichen Waldweg hinein führen und am Wegesrand entlang zur Moselwiese verlaufen. Immer in Doppelreihe. Um die doppelte Menge an Wasser befördern zu können. Die sechs Wehren Moritzburg, Radeburg und Coswig sowie Schönfeld, Gröditz und Lampertswalde proben am Sonnabend den Ernstfall. 37 Ehrenamtliche sind vor Ort.

Das Szenario heißt Großbrand auf der Moselwiese im Wettiner Wald. Ein Szenario, das den vielen tatsächlichen Friedewald-Einsätzen in den vergangenen Jahren entspringt. Zwischen 2007 und 2011 wurde vornehmlich im Wettiner Wald mehr als 80-mal Feuer gelegt.

Dass moderne Löschfahrzeuge mit 1 800 bis 3 000 Litern Wasser an Bord zur Moselwiese pendeln, ist schwer möglich, weil die Waldwege zu schmal für Gegenverkehr sind. Angesichts der Größe der fiktiv brennenden Fläche wird das Löschen lange dauern. Unter diesen Bedingungen muss die Feuerwehr eine stabile Wasserversorgung aufbauen, sprich Schläuche legen. Und das in kürzest möglicher Zeit. So das Übungsziel.

Martin Richter aus Moritzburg ist in dieser Katastrophenschutzübung Einsatzleiter. Er hält am Spitzgrundteich die Stellung, verfolgt per Funkgerät, wann die Schlauchstrecke bis zur Moselwiese aufgebaut ist. „Die eine Herausforderung ist die Länge von drei Kilometern“, sagt er. „Je länger die Leitung, desto größer der Druckverlust.“ Dazu komme als zweite Herausforderung die Steigung von rund 40 Metern. Die wiederum Druckverlust bedeutet. Deshalb setzen sie Verstärkerpumpen ein. Zunächst einmal sechs. „Wir hoffen, das reicht“, sagt Martin Richter. Zwei Reservepumpen hätten sie noch dabei.

An der Moselwiese sitzt Robert Dehmel in der mobilen Einsatzzentrale und fährt den Computer hoch. Als Assistent des Zugführers testet er ein neues Programm zur Dokumentation des Einsatzes. Jede Aktion, jede Entwicklung wird mit Uhrzeit und genauer Beschreibung festgehalten. Allerdings muss dafür eine Internetverbindung zustande kommen und halten.

Die Schlauchverbindung ist komplett. Gespanntes Warten. Der Gröditzer Zugführer Thomas Große hat zwei Funkgeräte umhängen und lauscht den Ansagen. „Robert, die Ersten bekommen Wasser“, sagt er zu seinem Assistenten. Dann tritt er auf den Schlauch und spürt nach. „Relativ wenig“, beurteilt er. „Kann sein, dass wir noch eine Pumpe brauchen.“ Der Druck liegt bei einem bar. Mindestens fünf bar sind notwendig, um dann je nach Gerät mit 100 bis 800 Liter Wasser pro Minute zu löschen.

Wenige Minuten später zeigt das Messgerät bereits sechs bar an. Das reicht. Von zwei Stellen aus wird mit voller Leistung gelöscht. Der 19-jährige Philipp Puhane und der 51-jährige Steffen Hofmann von der Feuerwehr Schönfeld halten gemeinsam ein sogenanntes Strahlrohr, aus dem das Wasser mit enormer Wucht hervorstößt. Ohne den speziellen Griff an der Gerätschaft wären gar vier Männer nötig. Doch durch den fehlenden Adrenalinpegel des Ernstfalls merken die beiden schnell, wie sich die Muskeln schmerzhaft verspannen. Da hat Steffen Hofmann eine Idee: Sie könnten den schweren Schlauch zurückschieben bis zum Baum und sich zumindest am Stamm abstützen. Gesagt, getan. So harren sie weiter aus. „Der Ältere profitiert von der Kraft und dem jugendlichen Humor des Jüngeren“, sagt Steffen Hofmann. „Und der Jüngere von der Erfahrung und Ausdauer des Älteren.“

Nach knapp zwei Stunden erklärt die Einsatzleitung am Spitzgrundteich die Übung für beendet. Robert Dehmel am Feuerwehr-Laptop ist begeistert: „Das Programm hat einwandfrei funktioniert, die Internetverbindung gehalten.“ Und der Moritzburger Einsatzleiter Martin Richter wertet aus: 34 Minuten dauerte der Aufbau, mit 45 hatten sie gerechnet. Sechs Pumpen waren ausreichend. Nach 45 Minuten kam Wasser mit zehn bar an der Moselwiese an. Sein Fazit: „Optimal gelaufen.“

Bericht SZ Von Ulrike Keller

Katastrophenstimmung im Spitzgrund
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