Donnerstag, 19.20 Uhr. Der Pieper von Andreas Schorbogen meldet sich. Ein Verkehrsunfall auf der Dresdner Straße. Ein Mopedfahrer ist mit einem Auto auf der Kreuzung Lößnitzstraße zusammengestoßen, es gibt Verletzte, Schrottteile wurden auf der ganzen Fahrbahn verteilt,

Über ein Jahr ist der Unfall jetzt her. Andreas Schorbogen erinnert sich aber genau an diesen Abend. „Als wir ankamen, drängelten sich die Autofahrer einfach an dem Verunglückten vorbei“, sagt Coswigs Wehrleiter. Keiner hielt an, um zu helfen. Sofort gab er den Befehl, die Straße zu sperren. „Doch das hat die Autofahrer nicht interessiert, die umkurven die Pylonen einfach und fahren uns noch fast über den Haufen“, schimpft er.

Situationen wie diese erleben Coswigs Feuerwehrleute in letzter Zeit immer öfter. Das bestätigen die Kameraden. Im Schnitt rücken sie 150 Mal pro Jahr aus, um Leben zu retten – oft bei Unfällen auf Straßen. „Zuletzt hat es zweimal auf der Moritzburger Straße gekracht“, sagt Kamerad Rocco Zeibig. Die Straße musste von Kameraden abgeriegelt werden, um die Personen aus den Fahrzeugen zu bergen.

Gleichzeitig haben die Einsatzkräfte versucht, aus den Fahrzeugen laufendes Öl und Benzin aufzufangen. „Manche Autofahrer interessiert das aber nicht. Die drängeln sich dann auch gern mal über den Gehweg an der Unfallstelle vorbei und bringen uns in Gefahr“, sagt Zeibig. Sein Kamerad Martin Burmeister stimmt ihm zu: „Brenzlige Situationen, bei denen Autofahrer sehr schnell und nah an einem vorbeirasen, haben wir alle schon erlebt.“ Obwohl er schnell helfen will, müsse er ständig auf sich selbst achten. Martin Burmeister könne sich voll nicht mehr voll auf den Einsatz konzentrieren. „Mittlerweile ist das bei vielen Verkehrsunfällen Normalität“, sagt er.

Viel dagegen unternehmen können Coswigs Kameraden bisher nicht. „Wir haben nur das Recht, die Straße zu sperren“, sagt Wehrleiter Schorbogen. Den Verkehr regeln oder Autofahrer stoppen und bestrafen, darf nur die Polizei. Die kommt aber immer häufiger nur mit zwei Beamten zum Unfallort, sagt Schorbogen. „Die Beamten müssen gemeinsam den Unfall aufnehmen.“ Zeit, um den Verkehr zu leiten, hätten die Polizisten nur selten.

Deshalb versuchen es die Feuerwehrleute bereits mit Tricks. Mal werden die Einsatzfahrzeuge quer auf die Straße gestellt, mal halb auf dem Fußweg geparkt. Überall geht das aber nicht – und es klappt auch nicht immer. „Manche sind so dreist, die suchen sich jede Lücke, die sie finden können“, sagt Schorbogen.

Darum appelliert Coswigs oberster Feuerwehrmann an die Vernunft. Jeder könne einmal in einen Unfall verwickelt werden, mahnt der Wehrleiter. „Dann wünscht man sich, dass die Kameraden schnell helfen und voll bei der Sache sein können.“

 

Bericht: Sächsische Zeitung von Philipp Siebert

Coswig, Gefährliche Einsätze
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